Die vegane oder vegetarische Ernährung verbreitet sich immer weiter, was oft für Diskussionsstoff sorgt. Genau deswegen habe ich mal überlegt, welche Vorurteile mir schon oft begegnet sind. Ich selbst ernähre mich seit zwei Jahren vegetarisch-vegan, ab und zu verfalle ich noch den Milchprodukten, wobei ich vorhabe, dieses Jahr komplett vegan zu werden. Ich präsentiere euch einfach mal die Sätze, die ich schon oft gehört habe und versuche euch zu erklären, wieso das meiste nur Vorurteile und Mythen sind.
„Vegane Ernährung ist unnatürlich“
Dieser Satz wird auf zwei Arten verwendet. Zum einen meinen die Leute damit oft, das Veganismus einfach nicht das ist, was üblich ist. Dieses Argument kann man aber sehr schnell entkräften, schließlich gibt es keinen „natürlichen Zustand“, der für alle Menschen auf der ganzen Welt gilt. Hier in der westlichen Welt hat es sich durchgesetzt, Schweine zu essen, Kuhmilch zu trinken und Hunde als Haustiere zu halten. Andere Bevölkerungsgruppen halten es aber ganz anders, verehren Kühe oder essen Hunde.
Viele Menschen meinen mit „unnatürlich“ aber auch, das es ja in der Natur des Menschen liegt, ein Sammler und Jäger zu sein. Schließlich haben die Steinzeitmenschen das ja auch schon gemacht.
Dazu gibt es wirklich viel zu sagen, ich versuche es aber kurz zu halten. Punkt eins: Ist es dieser Argumentation zufolge „natürlich“, einen Bürojob zu haben? Oder Auto zu fahren, statt unsere Beine zu benutzen? Wohl eher nicht. Und trotzdem ist es heutzutage üblich.
Und das führt uns gleich zu meinem nächsten Punkt: Der Mensch entwickelt sich ständig weiter. Und das ist auch gut so! Der Mensch kann sich gut anpassen und weiterentwickeln, was uns über die Jahrtausende gesehen weit gebracht hat. Heute sind wir nicht mehr darauf angewiesen, Fleisch zu essen. Es gibt genug andere Nahrungsquellen, wir befinden uns nicht mehr in einem Kampf um Leben und Tod (wie die Steinzeitmenschen), sondern haben die Freiheit der Wahl. Es spricht also nichts dagegen, eine vegane Ernährung zu wählen, schließlich entspricht ständige Weiterentwicklung tatsächlich der Natur des Menschen – im Gegensatz zu völligem Stillstand und „Das haben wir aber schon immer so gemacht“.
„Veganer haben Mangelerscheinungen“
Viele Menschen denken auch heute noch, dass man seinen Nährstoffbedarf nur decken kann, wenn man regelmäßig Fleisch isst. Tatsache ist aber, das im Fleisch keine Nährstoffe enthalten sind, die man nicht auch aus anderen Quellen beziehen könnte. Am häufigsten werden hier immer Proteine und Eisen genannt, der Bedarf kann aber bei ausgewogener Ernährung ohne Probleme gedeckt werden. Zum Vergleich: Ein Steak enthält ungefähr 18,6 Gramm Eiweiß und 2,9 Gramm Eisen pro 100 Gramm – rote Linsen circa 25 Gramm Eiweiß und 6,9 Gramm Eisen. Natürlich sollte man immer ein Auge auf eine ausgewogene und nährstoffreiche Ernährung haben, dies gilt aber für Veganer genauso wie für Fleischesser. Oft ist es aber so, das sich Menschen, die sich vegan ernähren, auch bewusster ernähren – dadurch ist das Risiko für einen Nährstoffmangel nochmal geringer.
„Soja ist ungesund“ und „die Veganer sind an der Abholzung des Regenwalds schuld“
Das stimmt, Soja ist im allgemeinen schlecht für die Umwelt, da riesige Regenwaldflächen abgeholzt werden, um genug Anbaufläche zu haben. Außerdem kann es sehr ungesund sein, da ein Großteil des Sojas genmanipuliert ist.
In Bezug auf Veganer ist das jedoch kein Argument, denn: Mehr als 80% der Sojaernte werden als Tierfutter in der Massentierhaltung verwendet. Das Soja, das bei Veganern auf dem Teller landet, ist in der Regel aus Deutschen Nachbarländern, wie zum Beispiel Frankreich. Dadurch erübrigt sich auch das Problem mit der Genmanipulation, da diese in der EU verboten ist. Zudem ernährt sich kein Veganer nur von Soja, viele mögen es garnicht, ich esse es vielleicht einmal im Monat.
„Als Veganer kann man ja nur noch Gemüse essen“
Das ist etwas, wovor ich am Anfang tatsächlich auch ein bisschen Respekt hatte. Ich bin kein großer Fan der meisten Gemüsesorten und dachte, es wird wahnsinnig schwer werden, etwas passendes zu essen zu finden. Jetzt kann ich aber sagen: die Angst war völlig unbegründet! Es gibt wirklich tausend leckere Sachen die man essen kann, und selbst meine geliebten Schinkennudeln konnten wir ohne Probleme vegan nachkochen. Außerdem lernt man ganz neue Lebensmittel kennen, mit denen man sich vorher noch nie beschäftigt hat! Bei mir fängt das schon bei Linsen und Kichererbsen an – habe ich vorher nie angerührt, gehören inzwischen aber zu meinen Lieblingslebensmitteln! Man schaut einfach automatisch über seinen Tellerrand und probiert neue Sachen aus, was auch nach längerer Zeit noch spannend ist.
„Kühe müssen doch eh gemolken werden“
Das ist wirklich weit entfernt von der Wahrheit. Kühe sind Säugetiere, genau wie Menschen. Und Menschenfrauen geben ja auch nicht dauernd Milch und müssen gemolken werden, oder?
Ebenso wie Menschen geben Kühe nur Milch, wenn sie ein Kalb haben. In diesem Fall muss das volle Euter tatsächlich geleert werden, da dies sonst irgendwann zu Schmerzen führt. Lässt man der Natur ihren Lauf, passiert diese Entleerung durch das Kalb, das die Muttermilch trinkt. In der Milchindustrie ist es jedoch üblich, der Mutter ihr Kalb nach der Geburt wegzunehmen, um die Milch mit einer Maschine abzupumpen und zu verkaufen. Das Kalb bekommt in dieser Zeit Ersatznahrung statt der natürlichen Muttermilch. Lässt die Laktation der Mutterkuh irgendwann nach, wird sie erneut künstlich befruchtet. Das ständige Melken ist also ein vom Menschen gemachter Zustand, der in der Natur in dieser Form garnicht vorkommen würde.
„Vegan ist aufwändig, teuer und kompliziert“
Hier kann ich zumindest teilweise zustimmen: Am Anfang nimmt es tatsächlich etwas mehr Zeit in Anspruch herauszufinden, welche Produkte überhaupt vegan sind, welche Rezepte einem schmecken und wie man Sachen wie Quark oder Eier ersetzen kann. Hat man diese Anfangsphase überstanden, ist vegane Ernährung aber nicht aufwändiger, als eine Ernährung mit Fleisch.
Teurer ist es im Normalfall auch nicht, man ernährt sich viel von Getreide, Hülsenfrüchten und Gemüse, alles keine Nahrungsmittel, die besonders viel kosten. Ich denke dieses Vorurteil kommt eher von den veganen Ersatzprodukten, die im Supermarkt zu finden sind, wie zum Beispiel fertige Burgerpatties oder vegane Bratwurst. Diese sind tatsächlich eher teuer, sind aber auch nicht nötig, um sich vegan zu ernähren.
Mit kompliziert meinen die Leute meistens, das man auswärts ja garnichts essen kann. Dem würde ich zum Teil zustimmen. Es kann tatsächlich sein, das auf einer Familienfeier oder im bayerischen Gasthof kein veganes Gericht angeboten wird. Oft kann man sich aber behelfen, indem man entweder vorher schon um eine vegane Alternative bittet, sich selbst etwas mitbringt oder einfach mit den Leuten vor Ort redet. Schließlich sind Nudeln mit einer Tomaten-Gemüsesauce auch vegan und schnell gemacht.
Fazit
Die oben genannten Sätze sind nur ein kleiner Teil dessen, was man als Veganer immer wieder mal zu hören bekommt. Ich hoffe, dieser Artikel kann helfen, mit den gängigen Mythen aufzuräumen und ein besseres Verständnis für die pflanzliche Ernährung zu schaffen. Demnächst soll auch noch ein zweiter Teil folgen, falls euch noch Sätze einfallen, die auf jeden Fall aufgeklärt werden sollten, schreibt sie uns gerne in die Kommentare!